Bonn. Unter einer Allergie bei Hund und Katze ver­steht man eine chro­nisch ver­lau­fen­de Erkrankung mit ver­mu­te­ter oder nach­ge­wie­se­ner gene­ti­scher Prädisposition, die durch nor­ma­ler­wei­se unschäd­li­che Substanzen in der Umgebung des Patienten aus­ge­löst bezie­hungs­wei­se unter­hal­ten wird. Prädisposition ist der medi­zi­ni­sche Fachausdruck für die ererb­te, gene­tisch beding­te Anlage oder Empfänglichkeit für bestimm­te Krankheiten oder Symptome.

Bei den Stoffen, die eine Allergie aus­lö­sen, kann es sich um pflanz­li­che, tie­ri­sche und che­mi­sche Substanzen han­deln. Typisch für eine Allergie ist, dass sie erst bei wie­der­hol­tem Kontakt mit dem Allergieauslöser – dem Allergen – auf­tritt. Grund dafür ist, dass das Immunsystem in dem Allergen einen ver­meint­li­chen „Feind“ erkennt, sich an ihn erin­nert, um dann bei erneu­tem Kontakt ent­spre­chend stark auf ihn zu reagie­ren. Die Folge ist eine Überempfindlichkeit – die Allergie.

Prinzipiell kön­nen Hund und Katze also auf fast alles all­er­gisch reagie­ren. Häufige Allergieauslöser sind Milben, Pollen, Flohspeichel, Schimmelpilze, Hautschuppen und Futtermittel. Auch Insekten (z. B. Stechmücken oder Wespen) oder Kontaktallergene (z. B. Shampoo) kön­nen all­er­gi­sche Reaktionen aus­lö­sen. Beim betrof­fe­nen Tier tre­ten vor allem Juckreiz und Hautveränderungen auf. Auch Störungen des Magen-Darm-Traktes kön­nen auf Allergien beru­hen. Zu den Symptomen einer Allergie zäh­len häu­fi­ges Kratzen, Benagen und Belecken des Körpers und der Pfoten, gerö­te­te und ent­zün­de­te Hautpartien, chro­ni­sche oder wie­der­keh­ren­de Ohr- und Augenentzündungen, Atembeschwerden und Durchfall. Die Ähnlichkeit der Symptome macht die Diagnose schwierig.

Die wichtigsten Allergien bei Hund und Katze

Flohspeichel-Allergie
Das Leitsymptom der Flohspeichelallergie beim Hund ist intensiver Juckreiz.Die häu­figs­te Allergie beim Hund ist die Flohspeichel-Allergie-Dermatitis (FAD). Sie wird – auch beim Hund – vor­wie­gend durch den Katzenfloh aus­ge­löst. Eine erhöh­te Krankheitsneigung haben Hunde, die zusätz­lich an der Atopischen Dermatitis lei­den. Etwa 80 Prozent der ato­pi­schen Hunde ent­wi­ckeln bei Flohexposition eine Flohallergie. Das Leitsymptom der Flohspeichelallergie beim Hund ist inten­si­ver Juckreiz haupt­säch­lich in der Lenden‑, Leisten- und Schwanzgegend, auf den die Tiere mit Benagen und Belecken reagie­ren. Als ers­te Hautveränderung tritt eine klei­ne Hautverdickung auf. Gelegentlich kommt es zu einer Schwellung der Kniekehllymphknoten. Durch das Benagen und Belecken ent­wi­ckeln sich im Regelfall wei­te­re Hautveränderungen wie Krusten. Auch eine Überwucherung der Haut mit Malassezia pac­hyder­ma­tis, einer Hefe der natür­li­chen Hautflora, wird häu­fi­ger beob­ach­tet, sodass es sekun­där zu einer Malassezien-Dermatitis kommt. Bei chro­ni­schem Bestehen einer Flohspeichelallergie tre­ten Haarausfall, Hyperpigmentierung und Hautverdickung auf.

Bei Katzen ist das kli­ni­sche Bild varia­bler. Betroffen sind hier vor­ran­gig die Schwanzwurzel und Lenden‑, Bauch- und Leistenregion sowie der Hals. Das Haupterscheinungsbild ist neben Juckreiz eine Hautentzündung mit hir­se­korn­gro­ßen Hautverdickungen und Krusten. Auch eine Überempfindlichkeit des Rückens kann auf eine Flohallergie hin­wei­sen. Bei län­ge­rem Bestehen kann fle­cki­ger oder beid­seits sym­me­tri­scher Haarausfall auf­tre­ten. Durch inten­si­ves Belecken kann eine flä­chi­ge, erha­be­ne Hautrötung ent­ste­hen. Auch bak­te­ri­el­le Sekundärinfektionen kön­nen Ausdruck einer Flohspeichelallergie sein. Eine Flohspeichelallergie kann bei Katzen auch mit Lymphknotenschwellungen ein­her­ge­hen und ist kli­nisch nicht immer von einer nicht­all­er­gi­schen Dermatitis nach Flohexposition zu unterscheiden.

Atopische Dermatitis
Die Atopische Dermatitis (AD) ist die häu­figs­te chro­ni­sche Hauterkrankung des Hundes. Sie beruht auf all­er­gi­schen Reaktionen gegen­über Umweltsubstanzen wie Pollen, Schimmelpilzen oder Hausstaubmilben. Da man zunächst davon aus­ging, dass die Allergene aus­schließ­lich über die Luft und damit über die Atemwege das Tier errei­chen, spricht man von Aeroallergenen oder Inhalationsallergenen. Inzwischen ist aber bekannt, dass die Allergene auch über die Haut auf­ge­nom­men wer­den kön­nen. Besonders gefähr­det sind Bereiche mit dün­ner Haut und spär­li­cher Behaarung sowie Stellen mit inten­si­vem Allergenkontakt (Pfoten). Das erklärt das typi­sche Verteilungsmuster der Symptome bei der AD. Das häu­figs­te Symptom der AD ist wie bei den meis­ten ande­ren Allergien auch ein star­ker Juckreiz (Pruritus). Betroffen sind vor­wie­gend das Gesicht, die Ohren, die Gliedmaßen und Pfoten, die Achselbereiche sowie die Schwanzunterseite. An die­sen Stellen fol­gen häu­fig Sekundärinfektionen, her­vor­ge­ru­fen durch Bakterien oder Pilze. Es kön­nen sich hoch­a­ku­te kreis­run­de, ober­fläch­lich eit­ri­ge Entzündungsherde, die auch „hot spots“ genannt wer­den, bilden.

Beim Hund wird das Erkrankungsrisiko durch eine gene­tisch beding­te Neigung zu all­er­gi­schen Reaktionen ver­stärkt. Das erklärt, war­um bestimm­te Hunderassen häu­fi­ger an der Atopie erkran­ken als ande­re. Besonders betrof­fen sind bei­spiels­wei­se ver­schie­de­ne Terrierarten, Golden und Labrador Retriever, Bulldoggen, English und Irish Setter und Deutscher Schäferhund.

Weiterhin gibt es eine deut­li­che Altersprädisposition für die AD. Obwohl sie prin­zi­pi­ell in jedem Alter begin­nen kann, zei­gen etwa 70 Prozent der betrof­fe­nen Hunde bereits mit ein bis drei Jahren ers­te kli­ni­sche Symptome.

Die Futtermittelallergie
An drit­ter Stelle steht bei Hunden die Futtermittelallergie, bei Katzen ist sie sogar die zweit­häu­figs­te Allergie. Auslöser der Futtermittelallergie sind pflanz­li­chen und tie­ri­schen Ursprungs. In der Regel tre­ten all­er­gi­sche Reaktionen auf Proteine und ihre Abbauprodukte auf. Zu den haupt­aus­lö­sen­den Allergenen gehö­ren Rindfleisch und Milchprodukte, es zäh­len aber auch Soja, Lamm, Getreide, Fisch oder Reis dazu. Viele Tiere reagie­ren auch auf meh­re­re Allergene gleich­zei­tig. Etwa 20 bis 30 Prozent der Hunde und Katzen haben neben der Futtermittelallergie wei­te­re all­er­gi­sche Erkrankungen. Dabei ist es dann schwie­rig, bei­spiels­wei­se zwi­schen einer Futtermittelallergie und einer AD zu unterscheiden.

Charakteristisch für die Futtermittelallergie sind star­ker Juckreiz mit Hautentzündungen, dazu kom­men Beeinträchtigungen des Magen-Darm-Traktes. Die Folge sind ver­min­der­ter Appetit und Durchfälle, häu­fi­ger Kotabsatz, Blähungen und Erbrechen bis zum Gewichtsverlust. Auch Reizbarkeit oder Hyperaktivität sind mög­li­che Symptome.

Allergie erken­nen und therapieren
Die ein­fachs­te Behandlung der Allergie besteht theo­re­tisch dar­in, die all­er­gie­aus­lö­sen­de Substanz zu ver­mei­den. Dies ist aber lei­der nur in den wenigs­ten Fällen – wie durch stren­ge Flohkontrolle und Flohbekämpfung bei der Flohspeichelallergie – möglich.

Allergien stel­len sich als sehr kom­ple­xe Erkrankungen dar. Eine Heilung im eigent­li­chen Sinn ist in der Regel nicht mög­lich, man kann nur ver­su­chen, die Beschwerden gut in den Griff zu bekom­men und das Krankheitsbild zu kontrollieren.

Die Allergie ist eine Überempfindlichkeit des Immunsystems gegen­über bestimm­ten Substanzen, die der Tierarzt gera­de­zu detek­ti­visch auf­spü­ren muss. Beim Haut- bezie­hungs­wei­se „Intrakutantest“ wer­den des­halb ver­schie­de­ne all­er­gie­aus­lö­sen­de Substanzen in die Haut des Tieres ein­ge­spritzt. Eine ent­spre­chen­de Hautreaktion (Quaddelbildung) zeigt dann, gegen­über wel­chen Allergenen eine Überempfindlichkeit besteht. Dieser Test ist jedoch bei der AD nur sinn­voll, wenn zuvor ande­re mög­li­chen Hauterkrankungen aus­ge­schlos­sen wer­den konn­ten und eine Desensibilisierung ange­strebt wird.

Ebenso gibt es dia­gnos­ti­sche Tests wie die zyto­lo­gi­sche Untersuchung, die Untersuchung von Hautgeschabseln sowie dia­gnos­ti­sche Therapien, mit denen das Ansprechen oder Nicht-Ansprechen auf bestimm­te Therapeutika eva­lu­iert wird.

Die Futtermittelallergie lässt sich nur durch eine kon­se­quen­te Eliminationsdiät – hier­bei erhält das Tier ledig­lich jeweils eine Protein- und Kohlenhydratquelle, die nie zuvor gefüt­tert wur­de – über acht Wochen und danach über ein „Re-chall­enge“ mit dem vori­gen Futter nach­wei­sen. Das bedeu­tet: Ist im Rahmen der Diät eine Besserung fest­zu­stel­len, kann im Anschluss das alte Futter noch ein­mal gefüt­tert wer­den. Enthält die­ses für das Tier all­er­gie­aus­lö­sen­de Stoffe, wer­den die Symptome inner­halb weni­ger Tage wie­der auf­tre­ten. Nachfolgend kann man durch Hinzufüttern ein­zel­ner Komponenten ver­su­chen her­aus­zu­fin­den, wel­che Eiweiße oder Kohlenhydrate das Tier ver­trägt oder nicht.

Flohspeichel-Allergien und AD kön­nen heu­te auch über Bluttests nach­ge­wie­sen wer­den. Bei Futtermittelallergien lie­fern sie jedoch kei­ne brauch­ba­ren Ergebnisse.

Eine Erfolg ver­spre­chen­de Maßnahme ist die Immuntherapie. Als Immuntherapie bezeich­net man die De- oder Hyposensibilisierung. Sie ist geeig­net für die Flohspeichel-Allergie und die AD. Die Immuntherapielösung ist eine wäss­ri­ge Lösung, die für jeden Patienten indi­vi­du­ell und in ver­schie­de­nen Konzentrationen her­ge­stellt wird und genau die Allergene ent­hält, gegen die er im Test eine Überempfindlichkeit (Sensibilisierung) gezeigt hat. Desensibilisierung bedeu­tet nun eine schritt­wei­se „Gewöhnung“ des Immunsystems an immer höhe­re Dosen des Allergieauslösers. Die Immuntherapie kann vom Tierbesitzer viel Geduld for­dern, da sie sich über meh­re­re Monate erstreckt, wobei meist zwei­mal wöchent­lich die Therapielösung in oder unter die Haut gespritzt wird.

Bei man­chen Patienten kann aber auch bereits nach den ers­ten Injektionen eine deut­li­che Besserung zu sehen sein. Die Injektionen sind für das Tier schmerz­los und wer­den dadurch auch gut tole­riert. Aktuelle Studien zei­gen, dass die Erfolgsaussichten bei der Desensibilisierung bei über 70 Prozent lie­gen und sie den betrof­fe­nen Tieren ein weit­ge­hend beschwer­de­frei­es Leben ermög­licht. Auch sind im Gegensatz zur regel­mä­ßi­gen Gabe von Cortison Nebenwirkungen bei der Immuntherapie außer­or­dent­lich selten.

Gleichwohl haben sich Corticoide als eine ers­te Maßnahme zur Minderung des Juckreizes bewährt. Ansonsten ste­hen küh­len­de Mittel, Antihistaminika und ver­schie­de­ne neue Medikamente zur Verfügung, die an unter­schied­li­chen Stellen in das Entzündungsgeschehen ein­grei­fen und die für den Juckreiz ver­ant­wort­li­chen Botenstoffe hem­men. Die Hunde müs­sen sich weni­ger krat­zen, das Hautbild ver­bes­sert sich und die Gefahr von Folgeinfektionen sinkt. Die Behandlung kann lang­fris­tig durch­ge­führt wer­den, um die Krankheit bes­ser zu kon­trol­lie­ren. Unterstützend kön­nen essen­zi­el­le Fettsäuren über das Futter und spe­zi­ell auf die Hundehaut abge­stimm­te Shampoos ange­wen­det werden.

Die bes­te Therapie bei einer Flohspeichel-Allergie ist eine kon­se­quen­te Flohkontrolle und Flohbekämpfung, bei der auch die Umgebung des Tieres ein­be­zo­gen sein soll­te (sie­he hier­zu auch den BfT-Artikel und Hintergrundinformationen „Flöhe bei Hund und Katze“.

Bei allen Allergien gilt all­ge­mein, dass sich der Gesundheitszustand der all­er­gisch erkrank­ten Tiere mit Medikamenten, die haupt­säch­lich den Juckreiz min­dern und Sekundärinfektionen auf den sen­si­blen Hautpartien ein­däm­men, wei­ter ver­bes­sern lässt. Der Tierarzt kann hier über die am bes­ten für das jewei­li­ge Tier geeig­ne­te Behandlung beraten.

Weitere Informationen zum Thema Allergien

Bundesverband für Tiergesundheit (BfT)