Interview aus dem Magazin „Mensch&Tier“
des Forschungskreises Heimtiere in der Gesellschaft
Bremen. Nicht jedes Obdachlosenasyl gestattet seinen Gästen, Tiere mitzubringen. Dabei pflegen gerade wohnungslose Menschen enge Beziehungen zu ihren Hunden. Wie eng – das hat Aniko Ligeti in ihrer Bachelorarbeit untersucht. Ligetis Arbeit „Die Beziehung von Hund und Mensch in schwieriger Wohnsituation“ ist an der Fakultät für Angewandte Sozial- und Gesundheitswissenschaften der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg bei Prof. Dr. Georg Jungnitsch entstanden.
Mensch & Tier: Frau Ligeti, worin sehen Sie die wichtigste Erkenntnis aus Ihrer Arbeit?
Aniko Ligeti: Die Arbeit belegt, dass Mensch und Tier tiefe Bindungen eingehen können, gerade Mensch und Hund. Leider ist diese Erkenntnis aber noch nicht überall in der Gesellschaft angekommen, wie das Beispiel des Regensburger Obdachlosenasyls zeigt. Die Verantwortlichen machen sich nicht bewusst, was sie einem Menschen antun, wenn sie ihn vor die Wahl zwischen seinem Tier und einem sicheren Schlafplatz stellen. Alle Obdachlosen, mit denen ich gesprochen habe, schlafen selbst bei eisiger Kälte lieber mit ihrem Hund im Freien als ohne ihn im Obdachlosenasyl.
Sie haben sich im Zuge Ihrer Recherchen auch Obdachlosenasyle in Niedersachsen angesehen. Worin unterscheiden sich diese Unterkünfte vom Obdachlosenasyl im bayerischen Regensburg?
In Lüneburg und Rotenburg werden Hundehalter mit ihren Tieren willkommen geheißen. Sie erhalten sogar einen eigenen Raum. Die dortigen Sozialpädagogen sehen in den Hunden wichtige, oft sogar die wichtigsten Sozialpartner der obdachlosen Menschen. Nicht nur, weil die Tiere der Vereinsamung ihrer Frauchen und Herrchen entgegenwirken, sondern auch, weil sie ihnen zu einer Tagesstruktur und zu einer Aufgabe im Leben verhelfen. Obendrein beschützen die Hunde ihre Halter auf der Straße vor Dieben und potenziellen Angreifern.
Glauben Sie, dass die Beispiele aus Niedersachsen Schule machen werden?
Teilweise haben sie das schon. So gibt es in Regensburg seit dem vorigen Winter ein „Kälteschutzhaus“. Dort sind – anders als im Regensburger Obdachlosenasyl – Hunde willkommen. Leider entstehen derartige Projekte meist nur aufgrund öffentlichen Drucks. Umso wichtiger ist eine kontinuierliche Berichterstattung in den Medien. Ich hoffe, dass meine Arbeit ein wenig dazu beiträgt.
Quelle: Forschungskreis Heimtiere in der Gesellschaft