Diagnose- und Behandlungsmethoden
auf dem neuesten Stand der Wissenschaft
Bonn. Am 13. Juli fand das Sommersymposium der Akademie für Tiergesundheit e. V. (AfT) in München statt. Im Rahmen der Veranstaltung referierten international anerkannte Experten über die Häufigkeit und Vorkommen von Vergiftungen und Möglichkeiten der Therapie im Falle von Intoxikationen bei Hund und Katze.
Tiere mit Vergiftungsverdacht stellen einen regelmäßigen Vorstellungsgrund im tierärztlichen Notdienst dar. Zu diesen Fällen zählen sowohl Tiere, die möglicherweise einen Giftstoff aufgenommen haben als auch solche, die mit unspezifischen Symptomen oder tatsächlichen Vergiftungssymptomen vorgestellt werden. Doch nur in wenigen Fällen kann der Vergiftungsverdacht durch einen direkten Nachweis bestätigt werden.
Das durch die Akademie für Tiergesundheit ausgerichtete Symposium beleuchtete die grundlegenden Informationen zu Vergiftungen, die Handhabung von Probenmaterial, die Befundinterpretation sowie die Behandlungsmöglichkeiten bei Vergiftungen unterschiedlicher Ursachen. Das Auditorium erhielt in den Fachvorträgen einen differenzierten Einblick zum Stand der gewonnenen Erfahrungen und den neuesten Stand der Wissenschaft.
Jedem Verdacht auf Vergiftung sorgfältig nachgehen
Die Prognose für Hunde und Katzen bei einer Vergiftung ist stark abhängig von der Art des Giftstoffs, der aufgenommenen Menge und dem Zeitpunkt der tierärztlichen Behandlung. Aus Sicht der Notfallmedizin ist es wichtig, jedem Verdacht auf Vergiftung nachzugehen, bis sicher ausgeschlossen werden kann, dass keine relevanten Mengen an Giftstoffen aufgenommen wurden oder diese nicht mehr aktiv sind.
Die Therapie sollte stets auf die vermutete Ursache der Vergiftung abgestimmt sein. Sie umfasst ein allgemeines Management der Vergiftung sowie die gezielte Behandlung spezifischer Symptome, einschließlich der möglichen Verabreichung eines Antidots.
Dekontamination bei Vergiftungen: Optimale Maßnahmen für schnelle Hilfe
Die schnelle und effektive Dekontamination ist der entscheidende erste Schritt für eine erfolgreiche Behandlung. Dieser Prozess zielt darauf ab, das Toxin aus dem Körper zu entfernen, um eine weitere Aufnahme zu verhindern. Zeit spielt hierbei eine entscheidende Rolle: Je schneller die Dekontamination erfolgt, desto erfolgreicher kann sie sein. Zur Verfügung stehende Dekontaminationsmethoden für Tierärzte umfassen die Induktion von Erbrechen, Magen- und Darmspülungen, die Verabreichung von Aktivkohle sowie das Waschen des Patienten bei topischer Aufnahme des Toxins.
Ziel der Elimination ist es, im Körper beziehungsweise in Zirkulation aufgenommene Giftstoffe möglichst schnell wieder auszuscheiden. Die Auswahl der Eliminationsmethoden richtet sich hauptsächlich nach den physikalischen und kinetischen Eigenschaften des Giftstoffs. Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Wasser- oder Fettlöslichkeit des Toxins, das durch das Verteilungsvolumen im Körper angezeigt wird. Die Verweildauer von wasserlöslichen Giftstoffen kann beispielsweise durch eine Optimierung der Nierenfunktion durch Flüssigkeitsdiurese, gegebenenfalls in Kombination mit Diuretika, eine pH-Wertmodifikation des Urins sowie eine Beschleunigung der Blasenentleerung minimiert werden. Die Möglichkeit der Hämodialyse steht demgegenüber nur an wenigen Kliniken zur Verfügung. Zur Elimination fettlöslicher Toxine wird bevorzugt die Plasmapherese eingesetzt, bei der dem Patienten das 1- bis 2‑fache seines Plasmavolumens entnommen und durch Spenderplasma oder andere Flüssigkeiten ersetzt wird.
Rodentizid-Vergiftungen:
Aktueller Wissenstand und Therapieempfehlungen
Cumarine werden sowohl zur Schädlingsbekämpfung als auch zur therapeutischen Blutverdünnung eingesetzt. Hunde nehmen Rodentizide meist direkt auf, während Katzen oft über vergiftete Nagetiere indirekt betroffen sind. Die Symptome treten in der Regel verzögert, etwa nach 36 bis 72 Stunden, auf. Sie sind zu Beginn unspezifisch, können jedoch rasch zu schweren Komplikationen, wie Blutungen im Magen-Darm-Trakt, führen. Die Diagnose erfolgt durch Point-of-Care-Tests zur Bestimmung der Gerinnungsparameter. Bei akuter Aufnahme ist auch hier eine schnelle Dekontamination entscheidend. Die Überwachung der Gerinnungsparameter innerhalb der ersten 36 bis 72 Stunden ist wichtig, um den Bedarf an Vitamin K zur Neutralisierung der Cumarinwirkung zu bestimmen. Die Therapiedauer variiert je nach Cumarin-Derivat und Tiergröße zwischen sieben Tagen und vier Wochen.
Häufige Vergiftungsursachen im Haushalt:
Pflanzen, Lebensmittel, Medikamente
Tierhalter können viel tun, um die Sicherheit ihres Haustieres im eigenen Umfeld zu gewährleisten. Denn insbesondere die Vergiftungen durch Zimmer- und Gartenpflanzen stellen eine potenzielle Gefahr für Hunde und Katzen dar. Wenn Haustierbesitzer vermuten, dass ihr Tier eine Pflanze gefressen hat, ist es wichtig, dass sie die Pflanzenteile zur genauen Identifikation mit in die Praxis bringen. So kann eine schnelle und präzise Diagnose gestellt und die richtige Behandlung eingeleitet werden.
Auch Haushaltsprodukte wie Reinigungsmittel stellen eine häufige Gefahrenquelle dar. Wichtig ist in diesem Falle die genaue Kenntnis der Inhaltsstoffe und mögliche Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Produkten. Alkalische und saure Produkte können ätzende Verletzungen an Haut und Organen hervorrufen. Induziertes Erbrechen und Magenspülung sind bei Vergiftungen mit diesen Produkten wegen des Risikos der Re-Exposition nicht angezeigt. Ethylenglykol, oft in Frostschutzmitteln, ist bereits in kleinen Mengen tödlich und erfordert eine spezifische Behandlung. Lebensmittel wie Schokolade, Weintrauben/Rosinen und Zwiebeln sind sowohl für Hunde als auch für Katzen giftig. Die Symptome variieren je nach aufgenommener Substanz und reichen von gastro-intestinalen Beschwerden bis zu neurologischen Symptomen. Bei Hunden kommen auch Vergiftungen mit Xylitol vor. Hunde reagieren auf Süßungsmittel besonders empfindlich, es kann zu verstärkter Insulinausschüttung, Blutzuckerabfall und Leberschäden kommen.
Medikamentenvergiftungen gehören zu den häufigsten Ursachen von Vergiftungen bei Haustieren. Die Exposition erfolgt oft durch unbeabsichtigte Aufnahme von Human- oder Tierarzneimitteln. Die sichere und unzugängliche Lagerung von Medikamenten kann Vergiftungen vermeiden. Auch sollte von Medikationsversuchen durch den Tierhalter abgesehen werden.
Toxikologische Analytik: Vorbericht und
korrekte Probenahme entscheidend für aussagekräftiges Ergebnis
Die toxikologische Analytik spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufklärung von Vergiftungsfällen bei Tieren. Sie liefert in der Regel qualitative Ergebnisse und gibt Aufschluss über das Vorhandensein spezifischer Giftstoffe oder Stoffgruppen. Ein toxikologisches Gutachten bewertet die Plausibilität und die wahrscheinliche Rolle des identifizierten Giftstoffs im Vergiftungsgeschehen.
Der Untersuchungsauftrag muss einen präzisen Verdacht auf Vergiftung äußern, inklusive einer umfassenden Anamnese, Ergebnisse der Allgemeinuntersuchung und die spezifischen Vergiftungssymptome enthalten. Auch Effekte bereits erfolgter Therapieversuche sind für die Eingrenzung des potenziellen Giftstoffs wichtig.
Die Wahl des Probenmaterials richtet sich nach den pharmakokinetischen Eigenschaften des Giftstoffs. Dabei gilt es zu beachten, dass die Nachweisdauer von Giftstoffen von verschiedenen Faktoren abhängt, einschließlich der aufgenommenen Menge und der Stabilität des Giftstoffs im Probenmaterial. Geeignet sind EDTA-Blut, Serum oder Blutplasmaproben, gegebenenfalls auch Mageninhalt, Harn und Leberproben. Ungeeignet sind in der Regel Niere, Muskel, Nerven- oder Fettgewebe sowie die Fäzes.
Entscheidend für die Integrität der nachfolgenden Auswertung sind außerdem die korrekte Handhabung und Verpackung sowie Kühlung der Proben während des Transportes. Zum eigenen Schutz sollten Handschuhe getragen werden.