Nur 18 Prozent haben noch Kapazitäten

Bonn. Einer Trendumfrage* des Deutschen Tierschutzbundes zu Folge berich­ten 69 Prozent der Tierheime davon, dass ihre Auslastung min­des­tens sehr hoch ist. 49 Prozent davon sind voll oder sogar über­voll. Nur 18 Prozent haben über­haupt noch Kapazitäten, um Tiere auf­zu­neh­men. Infolge des coro­nabe­ding­ten Haustierbooms mit unüber­leg­ten Tierkäufen gefolgt von all­ge­mei­nen Kostensteigerungen und einer Anpassung der tier­ärzt­li­chen Gebührenordnung ist die Flut abge­ge­be­ner und aus­ge­setz­ter Tiere enorm. Auch die feh­len­de deutsch­land­wei­te Kastrationspflicht für Freigängerkatzen trägt zu einer Überbelegung mit uner­wünsch­tem Katzennachwuchs sowie Fundkatzen und ver­wais­ten Kitten von Straßenkatzen bei. Aufnahmestopps sind vie­ler­orts die Folge.

„Die Zahl der Menschen, die ihre Tiere los­wer­den wol­len, scheint so hoch, wie nie zuvor. Die Tierheime sind über­las­tet und kön­nen nicht mehr für jedes Tier in Not ein­ste­hen“, warnt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, der den poli­tisch Verantwortlichen Versagen vor­wirft: „Wer den kari­ta­ti­ven Tierschutz aus­blu­ten lässt, den Onlinehandel mit Tieren nicht unter­bin­det und zulässt, dass sich jeder spon­tan ein Tier kau­fen kann, trägt Mitschuld dar­an, dass die Tierheime am Limit sind.“ Schröder kri­ti­siert zudem scharf, dass die Ampel-Koalition im Bundeshaushalt kei­ne Mittel für die im Koalitionsvertrag ver­spro­che­ne Verbrauchsstiftung für Tierheime ein­ge­stellt hat.

Immer wie­der Aufnahmestopps
Hund im Tierheim82 Prozent der befrag­ten Tierheime im Deutschen Tierschutzbund berich­ten davon, dass die Anzahl der zu betreu­en­den Tiere seit 2022, das heißt mit Abflachen der Corona-Pandemie und infol­ge des Haustierbooms, ange­stie­gen ist. Die Zahl der Tiere, die ein Tierheim tier­ge­recht unter­brin­gen kann, ist jedoch begrenzt. Weil – laut Aussage von 74 Prozent der befrag­ten Tierheime – ver­mehrt kran­ke Tiere im Heim lan­de­ten, die nur schwer ein neu­es Zuhause fin­den, blei­ben vie­le Plätze auf län­ge­re Zeit belegt. Gleiches gel­te für Hunde, die pro­ble­ma­ti­sche Verhaltensweisen ent­wi­ckelt hät­ten – oft durch feh­len­de Sachkunde der Vorbesitzer sowie deren man­geln­de Motivation, mit ihren Tieren zu arbei­ten. In vie­len Tierheimen müs­sen immer wie­der Aufnahmestopps ver­hängt wer­den. Wer sein Tier abge­ben möch­te, muss daher aktu­ell damit rech­nen, auf einer Warteliste zu lan­den oder eine ande­re Lösung für sein Tier fin­den zu müs­sen. „Als Besitzer ist man für sein Tier ver­ant­wort­lich und Tierheime sind nicht ver­pflich­tet, unge­woll­te Tiere auf­zu­neh­men – das ist vie­len nicht klar“, sagt Schröder. Dennoch blu­te jedem Tierschützer das Herz, wenn schlicht­weg die Kapazitäten fehl­ten, ein Tier in siche­re Obhut zu neh­men. Man wol­le hel­fen, aber kön­ne es vie­ler­orts nicht mehr, so der Tierschutzbund-Präsident.

Überforderung nach unüber­leg­ter Anschaffung ist häu­fig Grund zur Abgabe
Gründe für die Abgabe von Tieren sind gemäß den Umfrageangaben vor­wie­gend Überforderung, feh­len­de Zeit, Beißvorfälle mit Hunden und gestie­ge­ne Tierarztkosten. Der Sommerurlaub kann für eini­ge Halter zudem der Tropfen sein, der das Fass sprich­wört­lich zum Überlaufen bringt, sodass sie sich end­gül­tig von ihrem Tier tren­nen. Der Deutsche Tierschutzbund rät daher drin­gend, sich vor der Anschaffung eines Tieres gut zu infor­mie­ren, damit Halter ihrer Verantwortung auch gerecht wer­den, solan­ge das eige­ne Tier lebt.

*Trendumfrage: in Zusammenarbeit mit Fressnapf unter den dem Deutschen Tierschutzbund ange­schlos­se­nen Tierheimen; Mai 2024; Stichprobe: n = 218