Um sich für internationale Einsätze zu qualifizieren, opfern Rettungshundeführer wie Andrea Ebner viel. Den IRO-Einsatztest in Tschechien haben zwölf Teams bestanden – noch mehr sind gescheitert.
Wien. Wenn die Erde bebt und Menschen unter Trümmern begraben werden, ist bei der Suche nach ihnen jede Minute kostbar – dann sind die Rettungshunde gefragt. Doch das richtige Vorgehen, das richtige Zusammenspiel zwischen Mensch und Tier, muss mühsam geübt werden. Nur die Besten schaffen den Einsatztest der Internationalen Rettungshunde Organisation (IRO) und qualifizieren sich damit für internationale Einsätze. Nur sie werden im Ernstfall ins Ausland mitgenommen. Anfang November fand der alljährliche Test im tschechischen Zatec statt. Von 33 Teilnehmern – die Startplätze waren begrenzt – bestanden nur zwölf die zweitätige Prüfung. Andrea Ebner-Kloiber vom österreichischen Verein für Diensthunde ist eine von ihnen.
Kälte, Schlafmangel, Verletzte
„Sehr anstrengend“ ist das Erste, was ihr zu Zatec einfällt. An einem Mittwoch treffen sie und ihr Mann Wolfgang dort ein. Es ist 19 Uhr. Die Ausrüstung wird kontrolliert, dann müssen die zwei Schäferhunde Lenox und Orka zum Tierarzt. Um 23:00 Uhr steht ein schriftlicher Test über das Prozedere bei internationalen Einsätzen auf dem Programm. Bis die beiden müde in die Schlafsäcke in ihrem Zelt kriechen, ist es fast zwei Uhr morgens. Am nächsten Tag stehen drei Suchen auf dem Programm: Jeweils zwanzig Minuten Zeit zum Aufspüren von bis zu drei Personen; dazwischen nur zehn Minuten Pause. Im Anschluss: Abseilen mit dem Hund von einem 10 Meter hohen Kran. Auf dem Weg zurück ins Camp liegt ein Verwundeter: offene Unterschenkelfraktur, Schädelverletzung, noch ansprechbar. Das Blut ist zwar nicht echt, doch vor den strengen Augen der IRO-Beurteiler muss jeder Handgriff sitzen. Auch die Erste Hilfe am Hund wird abgeprüft.
Helfen wollen aus Überzeugung
Gegen 18:00 Uhr werden die Ebners zu einem 10-Kilometer-Marsch abgeholt. 15 Kilo wiegen die Rucksäcke; man muss auf alles vorbereitet sein. An der Schadstelle angekommen, heißt es zunächst warten. Bei Temperaturen um null Grad setzt Schneeregen ein und Kälte kriecht in die Glieder. Noch ein dritter Hundeführer ist Mitglied der Gruppe. Dann kann die Nachtsuche beginnen. Für Wolfgang Ebner ist die Aussicht auf Erfolg bald vorbei. Quietschend zieht sein Schäfer die Pfote ein: Auf einem spitzen Gegenstand hat er sich den Nagel gespalten und lässt sich nicht mehr richtig „schicken“. Von insgesamt 16 versteckten Opfern wird der Hund am Ende fünf übersehen haben – zu viel, um zu bestehen. Insgesamt müssen 70 Prozent aller Aufgaben positiv erledigt werden.
Um fünf Uhr früh treffen die Ebners im Nachtquartier ein. Dicht an dicht liegen die Menschen in einem großen Raum. Am nächsten Morgen sind zwei weitere Tagsuchen zu absolvieren. „Da ist man schon ein wenig ferngesteuert“, lacht Andrea Ebner. „Als ich bei der Verkündung der positiven Ergebnisse aufgerufen wurde, war ich überglücklich.“ Ab nun scheint sie zwei Jahre lang auf der Einsatzfähigenliste der IRO auf. Dass ihr Mann kein Glück hatte, trägt er mit Fassung und will es erneut probieren. „Wir arbeiten hart mit den Hunden und opfern dafür viel“, sagt er. „Und alles nur, um einsatzfähig zu sein.“ Am schönsten sei es zwar, wenn keine Katastrophen passieren. Doch wenn Hilfe gebraucht werde, wollen die beiden Rettungshundeführer bereitstehen.
IRO-Engagement für mehr Transparenz
Wer den Einsatztest schafft, sichert seiner Rettungshundeorganisation eine Prämie für neue Ausrüstung, Training und Tierbedarf. Alle anderen bekommen schriftliches Feedback aus dem IRO-Büro, wo die Beurteilungen und Kommentare der zehn Beurteiler nach dem Einsatztest aufbereitet werden. „Transparenz ist uns wichtig“, lautet es aus dem Einsatzreferat der IRO. Die richtige Taktik und Sucharbeit entscheiden über den Erfolg, aber auch, wie selbstständig und beweglich der Hund von sich aus seine Arbeit durchführt. Die Gründe für die hohe Ausfallsrate in Zatec? „Die Beurteiler haben festgestellt, dass viele Hunde schnell müde geworden sind“, erklärt Thomas Neckam von der IRO. „Oft war auch das Anzeigen durch Bellen, wenn Versteckpersonen gefunden wurden, nicht optimal.“ Die zwölf erfolgreichen Teilnehmer kamen aus Österreich, Slowenien, Kroatien, Tschechien und Italien. Die IRO-Einsatzfähigenliste ist damit von 51 auf 63 Teams aus Mensch und Hund angewachsen.
Fotos: IRO – Internationale Rettungshunde Organisation