Bonn. Der Begriff „Lungenwurm“ steht nicht für eine einheitliche Gruppe von Würmern. Er beschreibt vielmehr verschiedene Wurmarten. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, dass eines oder mehrere ihrer Entwicklungsstadien die Lunge beziehungsweise Atemwege, teils aber auch blutführende Gefäße befallener Tiere besiedeln. Relevante Lungenwürmer des Hundes sind Angiostrongylus vasorum (Großer Lungenwurm oder Französischer Herzwurm) und Crenosoma vulpis (Kleiner Lungenwurm). Für beide Lungenwurmarten werden laut einer flächendeckenden Studie aus Deutschland unerwartet hohe Befallsraten bei Hunden beschrieben. Auch Katzen können von Lungenwürmern befallen werden.
Die Lungenwürmer des Hundes sind, wie der Name vermuten lässt, Parasiten der Lunge. Sie besiedeln die luftführenden Wege und darüber hinaus bei Angiostrongylus vasorum als ausgewachsener Wurm vorwiegend die Blutgefäße. Er wird daher auch „Französischer Herzwurm“ genannt. Lungenwürmer sind relativ klein und messen je nach Art nur zwischen 1 und 2,5 Zentimeter. Der Parasit durchläuft im Laufe seines Lebens eine komplizierte Entwicklung und benötigt einen sogenannten Zwischenwirt. Dieser Zwischenwirt ist eine Schnecke, die die Larven des Parasiten aufnimmt. Nach erfolgter Weiterentwicklung des Parasiten in seinem Zwischenwirt kann der Hund sich durch Aufnahme dieser infizierten Schnecken anstecken. Da es sehr viele sehr kleine Schnecken gibt, geschieht dies vermutlich teils unbemerkt und zufällig beim Spielen oder Belecken. Schnecken mögen hohe Feuchtigkeit, sodass sie sich bisweilen sogar in einem draußen stehenden Trinknapf wiederfinden und dann beim hastigen Trinken versehentlich verschluckt werden können. Betroffen können zwar Hunde jeden Alters sein, dennoch treten Erkrankungen gehäuft bei jüngeren Hunden bis zu einem Alter von etwa ein bis zwei Jahren auf. Einer Untersuchung zufolge kommen Lungenwürmer in 7,4 Prozent der Kotproben von 810 untersuchten Hunden mit ungeklärten Atemwegserkrankungen vor. Es handelt sich bei Infektionen mit Lungenwürmern, insbesondere bei Befall mit Angiostrongylus vasorum, um eine ernst zu nehmende Erkrankung, die sogar tödlich enden kann.
Verbreitung nimmt auch in Deutschland zu
Für A. vasorum dienen verschiedene Schneckenarten als Zwischenwirt. Die Parasiten sind keineswegs Exoten. A. vasorum kommt in verschiedenen Ländern Europas ebenso vor wie in Afrika, Nord- und Südamerika sowie vereinzelt im asiatischen Teil der früheren Sowjetunion. Gehäuft aufgetreten ist der Lungenwurm schon seit einiger Zeit in Dänemark, Frankreich und Großbritannien. In Deutschland wurde A. vasorum in den vergangenen Jahrzehnten zwar zunächst nur sporadisch nachgewiesen. Untersuchungen deuten jedoch auf eine Tendenz zur Ausbreitung dieses Parasiten in Deutschland hin. Besonders häufig wurden Lungenwurmerkrankungen bei Hunden in bestimmten Regionen Südwestdeutschlands gemeldet, wie Baden-Württemberg und Bayern, aber auch in Sachsen und Brandenburg. Ausgedehnte Verbreitungsgebiete befinden sich auch in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, im Saarland und in Berlin. Auch Berichte aus Dänemark und der Schweiz weisen insgesamt auf eine Zunahme der Bedeutung des Parasiten in den vergangenen Jahren und auf eine steigende Zahl von Infektionen in Gebieten hin, die bisher nicht als Verbreitungsgebiete galten.
Der Kleine Lungenwurm C. vulpis ist in Teilen Nordamerikas, Europas und Asiens gefunden worden. Endemische Vorkommen von C. vulpis in Europa sind für Bulgarien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Österreich, die Niederlande, Norwegen, Spanien, die Schweiz, Ungarn sowie in Weißrussland bekannt. In Deutschland kommt C. vulpis in nahezu allen Landesteilen vor, wird im Verhältnis jedoch häufiger in Gebieten Ost- und Süddeutschlands nachgewiesen.
Was im Hundekörper passiert
Wenn die Larven von A. vasorum (zusammen mit der Schnecke, aber auch Fröschen oder Amphibien als sogenannten Stapelwirten) vom Hund verschluckt werden und in Folge den Darm des Hundes erreichen, entwickeln sie sich in den Lymphknoten weiter. Von dort aus wandern sie bis zur rechten Herzkammer und Lungenarterie. Hier reifen die Würmer bis zur Geschlechtsreife und legen ihre Eier, die in den Blutstrom abgegeben werden. Aus diesen Eiern schlüpfen wiederum kleine Larven, die über das Blut in die Lunge gelangen und hier umherwandern. Dadurch entstehen Gewebereizungen und kleine Entzündungsherde überall dort, wo sich die Larven bewegen. Außerdem wird Eiter gebildet und die Lunge versucht, den Fremdkörper, also die Parasiten, durch Husten loszuwerden. Daher sind beim Hund im Falle einer Infektion Husten oder vermehrtes Räuspern zu beobachten. Hochgehustete Larven schluckt der Hund ab, über Darm und den Kot gelangen sie anschließend in die Umwelt. Die Larven sind so klein, dass sie mit bloßem Auge nicht erkennbar sind. Sie werden nun wiederum von Schnecken aufgenommen. Der Entwicklungskreislauf schließt sich auf diese Weise und beginnt von Neuem.
Es kann sich bei befallenen Hunden auch spontanes Nasenbluten einstellen oder es werden Blutungen unter der Haut des Tieres sichtbar. Bisweilen fallen infizierte Hunde sogar durch Verhaltensänderungen auf oder es stellen sich neurologische Ausfallerscheinungen ein. Dies passiert, wenn sich eine Larve in die Bereiche des zentralen Nervensystems „verirrt“ und dort eine Entzündungsreaktion auslöst und es zu Einblutungen kommt.
Bei C. vulpis werden infektiöse Larven ebenfalls über das Maul (über Schnecken) aufgenommen. Diese wandern über die Leber, den venösen Kreislauf und das rechte Herz bis in die Lunge, wo sie in den Bronchien heranreifen und dort ihre Eier ablegen. Die sich daraus entwickelnden Larven hustet der Hund hoch, schluckt sie teilweise wieder herunter, sodass auch diese Larven über den Hundekot letztlich in der Umwelt landen. Die Symptome einer Infektion mit C. vulpis sind vergleichsweise geringer ausgeprägt. Hauptsächlich äußert sich eine Infektion durch Husten und Atemnot. Es ist möglich, dass sich eine schleimige Bronchitis ausbildet.
Auf die Verbreitung beider Spezies innerhalb Deutschlands hat möglicherweise die einheimische Fuchspopulation einen Einfluss, denn der Fuchs ist für beide Arten ein natürlicher Wirt. Mit der Zunahme der Fuchszahlen, der Verstädterung der Füchse und damit einhergehend einer engeren Koexistenz von Füchsen und Hunden ist mit einem verstärkten Auftreten zu rechnen. Eine Studie zum Befall von Füchsen mit A. vasorum zeigte hohe Befallsraten in Thüringen, Hessen und Rheinland-Pfalz auf. Entsprechend sollte also insbesondere in ländlichen Gebieten, in Außenbezirken von Städten und bei hoher Fuchsdichte mit dem Vorkommen von Lungenwürmern gerechnet werden. Auch Wölfe, Europäische Otter, Dachse und Frettchen sind mögliche Infektionsquellen. Für die sich ändernde Verbreitung von A. vasorum könnten auch Effekte des Klimawandels ursächlich sein. Die Reisefreudigkeit von Tierhaltern wurde ebenfalls diskutiert, scheint allerdings angesichts der nun größeren Verbreitung auch in Deutschland für das Infektionsgeschehen insgesamt eher eine untergeordnete Rolle zu spielen.
Bei der Infektion mit dem Lungenwurm handelt es sich um eine gefährliche Krankheit, die unbehandelt sogar tödlich für den Hund ausgehen kann. Bei Verdacht sollte der Hund unbedingt beim Tierarzt vorgestellt werden. Der kann die Infektion beispielsweise über den Nachweis der Larven im Kot feststellen. Sichere Entwurmungsmedikamente, die auch gegen Lungenwürmer wirksam sind, stehen zur Verfügung. Mit regelmäßigen Wurmbehandlungen hat der Tierhalter es in der Hand, den Hund vor diesen gefährlichen Parasiten vorbeugend zu schützen und Infektionen zu vermeiden.
Weiterführende Informationen zur Lungenwurmproblematik beim Hund im Beitrag „Gefahr im Gras: Schnecken übertragen Lungenwurm auf Hunde“.