Finanzielle Absicherung ist bei der Aufnahme eines Tieres unverzichtbar

Sulzbach/Ts. In Zeiten, in denen das Warten auf die nächs­te Gasrechnung Menschen ner­vös macht und bei der Gesamtsumme an der Supermarktkasse der Schweiß aus­bricht, möch­te die Tierschutzorganisation TASSO, die Europas größ­tes Haustierregister betreibt, auf ein Thema beson­ders auf­merk­sam machen. Wer dar­über nach­denkt, ein Haustier in sei­ne Familie auf­zu­neh­men, soll­te sich mit den Kosten, die im Laufe des Tierlebens anfal­len kön­nen, beschäf­ti­gen und selbst­kri­tisch hin­ter­fra­gen, ob er die­se finan­zi­el­le Verantwortung stem­men kann.

Hund mit Halterin auf der Wiese„Wir raten natür­lich schon immer, dass sich Menschen vor der Anschaffung eines Tieres sehr offen und ehr­lich mit der Frage aus­ein­an­der­set­zen, ob sie sich ein Tier wirk­lich das gan­ze Tierleben lang leis­ten kön­nen und wol­len. Wollen des­we­gen, weil es vor­kommt, selbst zuguns­ten des Tieres auf etwas ver­zich­ten zu müs­sen. Sich die­se Tatsache bewusst zu machen ist unver­zicht­bar für eine ver­ant­wort­li­che Heimtierhaltung“, sagt Heike Weber, Leiterin Tierschutz bei TASSO.

„In Zeiten die­ser extre­men Preissteigerungen möch­ten wir noch deut­li­cher an Tierinteressierte appel­lie­ren, sich vor­her genau mit den zu erwar­ten­den Kosten aus­ein­an­der­zu­set­zen.“ Weber, die auch bereits als Tierheimleiterin gear­bei­tet hat, kennt die Abgabegründe im Tierheim genau und weiß, dass schon frü­her ein häu­fi­ger Grund die finan­zi­el­le Belastung war.

Zu beden­ken sind die Kosten für die „Anschaffung“, also Tierschutzgebühr bei Übernahme aus dem Tierheim oder Kosten für den Kauf beim Züchter, die unter­schied­lich hoch sein kön­nen, aber letzt­lich ein über­schau­ba­rer, ein­ma­li­ger Betrag sind. Dazu kom­men natür­lich die regel­mä­ßi­gen Kosten für das Futter. Diese vari­ie­ren abhän­gig von der benö­tig­ten Menge und der Futtersorte, für die sich Tierhalter:innen ent­schei­den. Das ist aller­dings nicht immer nur ihre Entscheidung: Einige Tiere sind beson­ders mäke­lig und fres­sen nur bestimm­te Futtersorten. Andere kön­nen im Laufe ihres Lebens Unverträglichkeiten und Allergien ent­wi­ckeln und sind dann auf oft teu­res Spezialfutter angewiesen.

Ausgaben für Ausstattung wie Leine, Geschirr, Autotransportbox sowie Haftpflichtversicherung und Steuern fal­len für Hunde an. Für Katzen müs­sen Positionen wie Katzentoiletten, Spielzeuge oder Kratzbaum ein­kal­ku­liert wer­den. Auch hier kann gespart wer­den, da es für die Tiere nicht wich­tig ist, die neus­ten und teu­ers­ten Produkte zu bekom­men. Die Sicherheit muss jedoch auf jeden Fall gewähr­leis­tet sein. Ebenfalls zu Buche schla­gen mög­li­che Kosten für Hundeschule oder Trainingsstunden, wenn Tier und Mensch dar­auf Lust haben oder es not­wen­dig ist, Hilfe zu erhal­ten, um das Zusammenleben für alle opti­mal zu gestalten.

„Wer an die­ser Stelle denkt, Kleintiere sei­en eine güns­ti­ge Alternative zu Hunden und Katzen, der sei gewarnt“, sagt Weber. „Kleintiere benö­ti­gen, um art­ge­recht zu leben, wirk­lich sehr viel Platz, ein gro­ßes, siche­res und sta­bi­les Gehege, in der Regel meh­re­re Artgenossen und vor allem Frischfutter in gro­ßer Menge, was allei­ne ein erheb­li­cher Kostenfaktor ist.“

Unkalkulierbar und unverzichtbar
Ein Punkt, der finan­zi­ell unvor­her­seh­bars­te, fällt auf jeden Fall für alle Tiere an, die wir in unse­rer Obhut haben: die Kosten für die Tiergesundheit. Hierzu gehö­ren zunächst die Grundimmunisierung sowie ver­schie­de­ne Behandlungen wie Folgeimpfungen, Entwurmung, Versorgung klei­ner Verletzungen oder Gesundheits-Check-ups. Unkalkulierbar sind etwa Extra-Kosten für even­tu­ell auf­tre­ten­de chro­ni­sche Krankheiten, Allergien, Zahnsanierungen bei älte­ren Tieren, die Versorgung nach Unfällen und vie­les mehr. „Erst im November 2022 ist die Gebührenordnung für Tierärzte ange­passt wor­den“, weiß Weber. „Seitdem sind eini­ge Behandlungen beim Tierarzt spür­bar teu­rer geworden.“

„Wer ein Tier auf­nimmt, soll­te – sofern es ihm oder ihr nicht mög­lich ist, pro­blem­los meh­re­re tau­send Euro für plötz­lich auf­tre­ten­de Behandlungen zu zah­len – unbe­dingt sofort beim Einzug des Tieres begin­nen, ein Polster für Krankheiten und Notfälle auf­zu­bau­en. Eine Möglichkeit wäre ein eige­nes Sparkonto, auf das monat­lich ein fixer Betrag ein­ge­zahlt wird. Neben dem nor­ma­len Sparen könn­ten nach einer kri­ti­schen Prüfung der Vertragsbedingungen OP-Versicherungen oder regel­rech­te Tierkrankenversicherungen eine Lösung sein. Aber: Augen auf, oft stei­gen die Beiträge im Alter des Tieres unverhältnismäßig.“

Wer also bei allen bis­he­ri­gen Punkten ent­schie­den hat, dass dies finan­zi­ell mach­bar ist, könn­te hier jetzt an sei­ne Grenzen sto­ßen. „Ich muss es so knall­hart sagen: Sind Sie nicht sicher, ob Sie sich ein Tier wirk­lich lang­fris­tig zuver­läs­sig leis­ten kön­nen und auch für des­sen medi­zi­ni­sche Versorgung auf­kom­men könn­ten? Dann soll­ten Sie der­zeit auf eine Tierhaltung ver­zich­ten“, sagt Weber. „Ich weiß, es klingt hart, zumal Tiere für vie­le Menschen eine wich­ti­ge Stütze sind, doch aus Tierschutzsicht muss das Wohl des Tieres gewähr­leis­tet sein und das ist es nicht mehr, wenn eine Katze etwa jah­re­lang mit einer schmerz­haf­ten Zahnerkrankung leben muss, weil ihr Mensch die not­wen­di­ge Zahnsanierung nicht bezah­len kann. Im Zweifel ist es ein Zeichen wah­rer Tierliebe, sich ehr­lich ein­zu­ge­ste­hen, dass die Haltung eines Tieres der­zeit nicht mög­lich ist.“