Neuer VIER PFOTEN Bericht zur Milliardenindustrie
Unklare Herkunft bei etwa 770.000 Hunden, die jährlich in Deutschland ein Zuhause finden // Kriminelle Netzwerke profitieren

Hamburg. Nicht nur in Deutschland, son­dern in ganz Europa ist die Nachfrage nach Hunden in den ver­gan­ge­nen Jahren rasant ange­stie­gen. Der neue VIER PFOTEN Bericht zum ille­ga­len Welpenhandel in Europa zeigt, dass jähr­lich fast sechs Millionen Hunde nötig wären, um die Nachfrage in der EU zu decken – fast eine Million davon in Deutschland. Dabei wird der Marktwert der EU-wei­ten Nachfrage auf min­des­tens 4,6 Milliarden Euro geschätzt.

In den EU-Ländern kann die hohe Nachfrage nach Hunden nicht durch regu­lä­re Züchter gedeckt wer­den. Für alar­mie­ren­de 79 Prozent der jähr­lich nach­ge­frag­ten Hunde in der EU konn­ten laut VIER PFOTEN Analyse kei­ne lega­len oder veri­fi­zier­ba­ren Quellen ermit­telt wer­den. In Deutschland ist die Situation noch erns­ter: Hier ließ sich bei einem errech­ne­ten „Bedarf“ von mehr als 921.000 Hunden mit einem geschätz­ten Marktwert von etwa 1,2 Milliarden Euro (1) bei 84 Prozent der Tiere kei­ne ein­deu­ti­ge Herkunft veri­fi­zie­ren (770.000 Hunde).

Kriminelle Netzwerke pro­fi­tie­ren von die­sem Trend und erzie­len hohe Gewinne durch die inten­si­ve Zucht belieb­ter Hunderassen. Oftmals wer­den viel zu jun­ge Welpen unter grau­sa­men Bedingungen regel­recht pro­du­ziert und ille­gal impor­tiert, um anschlie­ßend über Onlineplattformen und Social Media ver­kauft zu wer­den. Tendenz: stei­gend. Das regis­trier­te VIER PFOTEN Deutschland in sei­ner dies­jäh­ri­gen Halbjahresbilanz zum ille­ga­len Welpenhandel im Vergleich mit dem Report zum Illegalen Welpenhandel 2023. Bis Ende Juni 2024 wur­den 375 Hunde und somit 13 Hunde mehr als im Vorjahreszeitraum aus dem ille­ga­len Welpenhandel beschlag­nahmt. Seither wur­den etwa 200 wei­te­re beschlag­nahm­te Hunde regis­triert – der Report folgt Anfang 2025.

Finanzielle Anreize und wenig Risiko für Kriminelle
Illegaler Welpenhandel in Europa und DeutschlandIn ihrem neu­es­ten Bericht hat VIER PFOTEN Kleinanzeigenportale, die in Hinsicht auf Hundeinserate markt­füh­rend sind, in 21 EU-Mitgliedstaaten unter­sucht und fest­ge­stellt, dass im Durchschnitt in etwa vier von fünf Hundeanzeigen Welpen zum Verkauf ste­hen. Täglich wer­den über 2.000 neue Hundeanzeigen auf Webseiten in Ländern wie Frankreich, Deutschland und Italien hoch­ge­la­den; in Polen sind es täg­lich sogar mehr als 4.000. Die Analyse zeigt zudem Preisunterschiede von bis zu 1.300 Euro für Welpen. Während in Deutschland ein Welpe im Durchschnitt für 1.530 Euro zum Verkauf ange­bo­ten wird, kos­ten sie in Rumänien und Bulgarien bei­spiels­wei­se nur 300 Euro.

Angesichts der mög­li­chen hohen Gewinne, einer feh­len­den deutsch­land­wei­ten Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht für Hunde, feh­len­der Verifizierungstools auf den meis­ten Kleinanzeigenseiten und des gerin­gen Risikos einer straf­recht­li­chen Verfolgung, sind die Anreize für den ille­ga­len Welpenhandel groß. Mit einer ver­schärf­ten EU-Verordnung zum Welpenhandel könn­ten die Abgeordneten des Europäischen Parlaments zur Lösung die­ses Problems beitragen.

Strengere EU-Gesetze kön­nen den grau­sa­men Handel stoppen
Obwohl die Europäische Kommission den ille­ga­len Handel mit Heimtieren als orga­ni­sier­te Kriminalität ein­stuft, pro­fi­tiert die Branche wei­ter­hin von schwa­cher Gesetzgebung. VIER PFOTEN for­dert die EU daher zu stren­ge­ren Maßnahmen auf. Dazu gehö­ren eine ver­pflich­ten­de Kennzeichnung und Registrierung aller Hunde und Katzen sowie Verifizierungssysteme für Kleinanzeigenseiten, die die Registrierung von Tieren auf die Inserierenden über­prü­fen, bevor Anzeigen geschal­tet werden.

„Bei einer 4,6‑Milliarden-Euro-Industrie ohne ein­heit­li­che Regulierungen für den gesam­ten EU-Raum ist es kein Wunder, dass der ille­ga­le Welpenhandel flo­riert. Dieser Handel scha­det nicht nur den Tieren, son­dern bringt auch nichts ahnen­de Käufer mit poten­zi­ell kran­ken Hunden in Kontakt, die oft mit feh­len­den oder gefälsch­ten Impfdokumenten ver­kauft wer­den. Tragischerweise ster­ben eini­ge die­ser Hunde bereits kurz nach dem Kauf. Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments müs­sen jetzt han­deln, um das Wohl von Mensch und Tier zu schüt­zen“, sagt Julia Mundl, Campaigner bei VIER PFOTEN International.

VIER PFOTEN ermög­licht EU-Bürgern, ihre Abgeordneten im EU-Parlament auf­zu­for­dern, ein mög­lichst stren­ges Gesetz zu erlas­sen, mit einer Kennzeichnungs- und Registrierungspflicht sowie eine ver­pflich­ten­de Identitätsprüfung der Verkäufer in allen Mitgliedsstaaten.

(1) Der Marktwert der jähr­li­chen Nachfrage nach Hunden in Deutschland lässt sich anhand die­ser Recherche auf 1.286.747.644 Euro ein­schät­zen. Basierend auf dem kon­ser­va­ti­ve­ren Durchschnittspreis aller unter­such­ten Inserate für Hunde jeg­li­chen Alters für Verkauf und Adoption, auf dem markt­füh­ren­den Kleinanzeigenportal für Hundeanzeigen in Deutschland (1.396 € x 921.739 nach­ge­frag­te Hunde, sie­he Slide 41 der Analyse).