Steigende Nachfrage nach natur­heil­kund­li­chen Therapieverfahren

Düsseldorf. Physiotherapie, Osteopathie, Akupunktur – was Tierfreunde sich selbst gön­nen, das vie­le ihren vier­bei­ni­gen Verwandten eben­falls zukom­men las­sen möch­ten. Auf die­sen Trend reagie­ren auch die aus­ge­bil­de­ten Tierärzte: Fort- und Weiterbildungen im Bereich der natur­heil­kund­li­chen Therapieverfahren wer­den zuneh­mend nachgefragt.

Viele Entwicklungen aus dem Gesundheitsbereich kom­men auch in der Heimtierhaltung an: In der Humanmedizin fin­det zum Beispiel seit der Jahrtausendwende die Naturheilkunde wie­der mehr Beachtung. „Die medi­zi­ni­sche Fachwelt erkennt zuneh­mend den Nutzen der Naturheilkunde“, stellt der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten auf sei­ner Internetseite fest.

Mehr inte­gra­ti­ve Verfahren in der Tiermedizin
Obwohl die Wirksamkeit ein­zel­ner Behandlungsmethoden noch erforscht wer­den muss, ist die Nachfrage auch in der Tiermedizin merk­lich gestie­gen. „Tierärzte sind seit eini­gen Jahren deut­lich inter­es­sier­ter an Fort- und Weiterbildungen im Bereich der natur­heil­kund­li­chen Therapieverfahren“, sagt Dr. Heidi Kübler, ers­te Vorsitzende der Gesellschaft für Ganzheitliche Tiermedizin e. V. (GGTM) und selbst prak­ti­zie­ren­de Tierärztin. „Dabei geht es mir um die soge­nann­te inte­gra­ti­ve Medizin, also eine wis­sen­schaft­lich fun­dier­te Kombination aus Heilmethoden der klas­si­schen Schulmedizin und natur­heil­kund­li­chen Verfahren.“

Zusatzqualifikationen nach dem Studium
Hund in der PraxisIm tier­me­di­zi­ni­schen Studium spielt die Naturheilkunde hin­ge­gen nach wie vor kei­ne Rolle. „Vereinzelt wer­den an man­chen tier­me­di­zi­ni­schen Fakultäten Einführungskurse in kom­ple­men­tä­re, also die Schulmedizin ergän­zen­de Verfahren gege­ben.“ „Teil des fes­ten Lehrplans sind sie aller­dings nicht“, sagt Dr. Kübler. Anders sieht es bei Fortbildungen nach dem Studium aus, an denen appro­bier­te Tierärzte teil­neh­men kön­nen, um Zusatzqualifikationen zu erlan­gen: „In Zusammenarbeit mit der Akademie für tier­ärzt­li­che Fortbildung der Bundestierärztekammer wer­den mitt­ler­wei­le zahl­rei­che Seminare aus dem Bereich der Naturheilkunde ange­bo­ten“, berich­tet der Vorsitzende der GGTM. Über einen Zeitraum von meist zwei Jahren wer­den dafür nach einem Lehrplan fest­ge­leg­te Kurse an tier­ärzt­li­chen Instituten, Kliniken oder Praxen aus dem jewei­li­gen Fachbereich belegt. Nach einer Prüfung bei der Tierärztekammer dür­fen die Absolventen dann eine Zusatzbezeichnung füh­ren. Diese ent­spricht zwar nicht der fach­li­chen Tiefe einer Fachtierarztausbildung, ist im Gegensatz zu selbst ernann­ten „Arbeitsschwerpunkten“ oder ähn­li­chen Begriffen aber Ergebnis einer Überprüfung des erwor­be­nen Wissens. Auf Fortbildungen wer­den Tierärzte mit Zusatzbezeichnung zudem regel­mä­ßig auf den aktu­el­len Wissensstand gebracht.

Das Angebot ist in der Muster-Weiterbildungsordnung der Bundestierärztekammer gere­gelt. Aus dem Feld der Naturheilkunde kön­nen Tierärzte fol­gen­de Zusatzbezeichnungen erwerben:

  • Akupunktur: Bei die­ser uralten Methode aus der Traditionellen Chinesischen Medizin wer­den Störungen im Organismus durch Nadeln behandelt.
  • Biologische Tiermedizin: Zur Anwendung kom­men spe­zi­ell zube­rei­te­te Pflanzen und Kräuter, Laser‑, Magnetfeld- und Sauerstofftherapien.
  • Homöopathie: Globuli und ande­re Einsatzformen unter­stüt­zen die kör­per­ei­ge­ne Selbstregulation bei Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten.
  • Manuelle, phy­si­ka­li­sche Therapien: Chiropraktik, Osteopathie oder Physiotherapie lösen Verspannungen, damit der Organismus wie­der nor­mal funk­tio­nie­ren kann.

Vor allen phy­si­ka­li­schen oder manu­el­len Therapieverfahren wie Chiropraktik, Osteopathie oder Physiotherapie wer­den bei den nie­der­ge­las­se­nen Tierärzten stark nach­ge­fragt: „Zum einen sind durch Fortschritte in der ortho­pä­di­schen Chirurgie immer umfang­rei­che Nachbehandlungen nach Operationen not­wen­dig, bei denen sich manu­el­le Methoden anbie­ten, so wie beim Menschen“, erklärt Dr. Kübler den Trend. Zum ande­ren spielt der wach­sen­de Hundesportbereich eine Rolle: „Beispielsweise hat Agility in den ver­gan­ge­nen Jahren stark an Beliebtheit gewon­nen.“ Teilweise han­delt es sich bei den Hunden um rich­ti­ge Athleten, die zusätz­lich zum inten­si­ven Training Physiotherapie benötigen.“

Den rich­ti­gen Therapeuten finden
Problematisch ist, dass es bis­her kei­ne ver­bind­li­chen Regelungen gibt, wer zum Beispiel als Tierphysiotherapeut oder Tierakupunkteur arbei­ten darf. Da es sich nicht um geschütz­te Begriffe han­delt, darf jeder, der das möch­te, sich so nen­nen. Bei Weitem nicht alle Akteure in die­sem Bereich sind appro­bier­te Tierärzte mit Überprüfung durch die Tierärztekammern. „Nur bei Tierärzten wird nach der Weiterbildung die Fachkunde vor einem Gremium der Tierärztekammer über­prüft, gesetz­lich ist das für Anbieter natur­heil­kund­li­cher Therapieverfahren bis­her nicht vor­ge­schrie­ben.“ „Wer auch Akupunktur, Biologische Tiermedizin, Homöopathie oder Physikalische Therapien für sein Tier in Anspruch neh­men möch­te, soll­te sich am bes­ten einen lang­jäh­rig aus­ge­bil­de­ten und geprüf­ten Tierarzt mit einer ent­spre­chen­den Zusatzbezeichnung suchen“, emp­fiehlt Dr. Kübler. Häufig arbei­ten Tierarztpraxen mit qua­li­fi­zier­ten Experten in Kooperation und kön­nen Empfehlungen aus­spre­chen. Eine Auswahl an Tierärzten, die eine oder meh­re­re der vier Zusatzbezeichnungen füh­ren, kann außer­dem auf der Webseite der GGTM, ggtm​.de/​t​i​e​r​a​r​z​t​s​u​che, ein­ge­se­hen werden.

Industrieverband Heimtierbedarf (IVH) e. V.