Bonn. Die Zuckerkrankheit Diabetes mellitus (DM) gehört zu den häufigsten hormonell bedingten Erkrankungen bei Hund und Katze. Sie tritt beim Hund meist im Alter zwischen sieben und neun Jahren auf. Weibliche Tiere sind doppelt so oft betroffen wie Rüden. Am häufigsten erkranken kleinere Rassen wie Dackel, Zwergschnauzer oder Pudel, aber auch größere Rassen wie Labrador Retriever, Golden Retriever und Beagle sind betroffen. Bei Katzen sind Rassen wie Burmesen besonders gefährdet.
Typische Symptome beim Hund und bei der Katze sind vermehrter Hunger und Durst, vermehrter Urinabsatz und Gewichtsverlust. Manchmal kommt es zu Fellveränderungen oder Haarausfall. Beim Hund ist auch die Linsentrübung ein typisches Symptom für die Zuckerkrankheit. Bei der Katze kann Diabetes zu einer Schwäche der Hintergliedmaßen führen.
Schon in der Antike kannten die Ärzte das Krankheitsbild vom „honigsüßen Durchfluss“, wie Diabetes mellitus übersetzt heißt. Doch was genau geschieht im Körper?
Zucker beziehungsweise Glukose ist der Hauptenergielieferant des Körpers. Das in der Bauchspeicheldrüse gebildete Hormon Insulin ist für den lebenswichtigen Transport der Glukose in die Körperzellen verantwortlich. Fehlt Insulin oder besteht eine Insulinresistenz, kann die Glukose (Traubenzucker) nicht mehr in den Zellen verwertet werden und reichert sich zunächst im Blut an (Hyperglykämie). Ab einem gewissen Grenzwert wird die Rückgewinnungskapazität in den Nierenkanälchen der Niere überschritten und es kommt zur Zuckerausscheidung im Harn (Glukosurie). Mit der Glukose wird auch vermehrt Wasser über den Harn ausgeschieden, die Urinmenge steigt an (Polyurie). Der erhöhte Wasserverlust wiederum muss durch eine vermehrte Wasseraufnahme (Polydipsie) ausgeglichen werden. Das Tier trinkt also deutlich mehr als üblich. Der Glukosemangel im Gehirn, speziell im Sättigungszentrum im Hypothalamus, führt darüber hinaus zu Hunger und gesteigerter Nahrungsaufnahme (Polyphagie). Das erklärt, warum diabetische Hunde und Katzen sehr viel mehr fressen. Infolge der gestörten Glukoseverwertung versucht der Körper aber auch, den Energiemangel durch Abbau von Proteinen (hauptsächlich aus der Muskulatur) und Fett zu kompensieren. Dies führt trotz erhöhter Nahrungsaufnahme zu Abmagerung (Inanition, Kachexie).
Nicht jeder Diabetes mellitus ist gleich
Beim Hund entsteht die Erkrankung ähnlich wie der Typ 1‑Diabetes des Menschen vorwiegend durch die Zerstörung der für die Insulinbildung verantwortlichen Zellen, der Betazellen. Dann wird zu wenig Insulin produziert. Man spricht auch von einem absoluten Insulinmangel. Dies kann vielfältige Ursachen haben, wie genetische Defekte, Infektionen oder Antikörperbildung gegen Betazellen.
Die zweite Form wird als Diabetes Typ‑2 oder relativer Insulinmangel bezeichnet. Es wird zwar ausreichend Insulin produziert. Das jedoch zeigt nur eine geringe Wirkung aufgrund einer Insulinresistenz der Körperzellen, das bedeutet, die Körperzellen reagieren nicht so auf das Insulin, wie es notwendig wäre. Bei der Katze überwiegt der dem humanen Typ‑2 ähnliche Diabetes, der mit großer Wahrscheinlichkeit auch durch vergleichbare Risikofaktoren gefördert wird. Betroffen sind vorwiegend männliche Tiere mittleren Alters sowie übergewichtige Katzen. Etwa 60 Prozent der betroffenen Katzen sind adipös. Eine der wichtigsten therapeutischen Begleitmaßnahmen ist deshalb eine Gewichtsreduzierung. Auch fehlende Bewegung verstärkt das Erkrankungsrisiko.
Über das Futter zum Erfolg
Wichtig bei der Fütterung diabetischer Patienten ist die ausreichende Energiezufuhr, eine konstante Zusammensetzung des Futters sowie eine gute Schmackhaftigkeit. Beim Hund kann durch die Verabreichung rohfaserreicher Futtermittel die Einstellungsqualität (des Insulins) verbessert werden. Selbst zubereitetes Futter sollte zu ein Drittel aus Fleisch, zu ein Drittel aus Kohlenhydraten und zu ein Drittel aus Gemüse bestehen. Es wird empfohlen, das Futter stets vor einer Insulingabe bereitzuhalten.
Untersuchungen bei der Katze haben gezeigt, dass die Fütterung einer proteinreichen, kohlenhydratarmen Diät eine bessere Einstellung und eine niedrigere Insulindosis ermöglicht. Diabetische Katzen können, sofern sie nicht übergewichtig sind, mengenmäßig normal gefüttert werden.
Bei übergewichtigen (adipösen) Hunden und Katzen sollte eine sanfte Gewichtsreduktion durchgeführt werden (ein bis zwei Prozent des Körpergewichts/Woche). Aber nicht nur übergewichtige Tiere sollten abnehmen, sondern untergewichtige auch solange zunehmen, bis sie ihr Idealgewicht erreicht haben. Wichtig sind regelmäßige Fütterungszeiten. Auf Leckerlis zwischendurch sollte verzichtet werden. Sowohl für Hund als auch Katze sind beim Tierarzt spezielle Diätfuttermittel erhältlich.
So kontrolliert man die Krankheit
Bei Verdacht auf Diabetes wird der Tierarzt zunächst den Blutzuckergehalt messen und die erforderliche Insulin-Dosis festlegen. Für die Tiermedizin gibt es speziell für Hund und Katze zugelassene Insuline. Die Insulingabe kann der Tierhalter nach entsprechender Einweisung zu Hause selbst durchführen. Der Tierhalter sollte die Trinkmenge und das Fressverhalten beobachten und das Tier einmal pro Woche wiegen. Verstärken sich trotz Behandlung die Symptome, kann man davon ausgehen, dass die Diabeteseinstellung ungenügend ist. Dann muss das Tier dem Tierarzt erneut vorgestellt werden.
Weiterhin kann der Tierhalter die Uringlukose mittels Teststreifen selbst kontrollieren. Mit mobilen Glukometern kann der Tierbesitzer zu Hause die Blutglukose überwachen. Es wird jedoch dringend abgeraten, die Insulindosis ohne tierärztliche Anweisung zu verändern. Einschränkend gilt, dass bei der Katze die Uringlukosemessung nur begrenzte Aussagekraft hat. Bei einer guten Insulineinstellung reichen langfristig viertel- oder halbjährliche Tierarztbesuche aus.
Risikopatienten lassen sich mit einem Blutglukose-Screening lückenlos überwachen. Moderne Glukosemonitoring-Verfahren sind mit weniger Stress verbunden als etwa die regelmäßige Blutentnahme. Das Monitoring wird in der Regel 14 Tage lang durchgeführt und ist sowohl beim Hund auch als bei der Katze durchführbar.
Es wird generell empfohlen, nicht kastrierte Hündinnen, bei denen ein Diabetes diagnostiziert wird, chirurgisch zu kastrieren. Die Bildung von Progesteron während des Metoestrus/Dioestrus oder während der Trächtigkeit führt häufig zu einer Destabilisierung des Diabetes.
Was man noch wissen sollte: Auch während einer Therapie kann es beim Hund noch zu Komplikationen kommen, etwa einem zu niedrigen Blutzuckerwert (Hypoglykämie). Dieser kann auftreten, wenn zwar die korrekte Menge Insulin gegeben wurde, aber der Hund zu wenig gefressen hat und gleichzeitig sehr aktiv war, also viel Zucker verbraucht hat. Unruhe, Zittern, Bewegungsstörungen oder Bewusstlosigkeit sind alarmierende Zeichen. In diesem Fall sollte dem Tier sofort Zucker zugeführt werden.
Bundesverband für Tiergesundheit (BfT)