PETA-Expertin gibt Tipps.
So klappt es auch bei sen­si­blen Tieren.

Stuttgart. Medizinischer Schutz statt beid­sei­ti­gem Frust: Immer mehr Krankheiten las­sen sich medi­ka­men­tös behan­deln – nicht nur bei Menschen, son­dern auch bei Tieren. Doch damit Tabletten und Co. über­haupt hel­fen kön­nen, müs­sen sie kor­rekt ver­ab­reicht wer­den. Oftmals endet der Versuch, dem quir­li­gen Hund oder der scheu­en Katze eine Tablette zu geben, mit Hektik und Unmut. Im schlimms­ten Fall kann eine sol­che Situation die Bindung zwi­schen Mensch und Tier nach­hal­tig schä­di­gen. PETA-Fachreferentin für tie­ri­sche Mitbewohner Jana Hoger erklärt die rich­ti­ge Vorgehensweise, damit Medikamente treff­si­cher und stress­frei zuge­führt wer­den können.

„Wer sei­nem tie­ri­schen Mitbewohner Medikamente ver­ab­rei­chen muss, soll­te dabei behut­sam vor­ge­hen, ein acht­sa­mer Umgang steht immer an ers­ter Stelle“, so Jana Hoger. „Niemals darf ein Tier bei der Medikamentengabe so bedrängt wer­den, dass es das Vertrauen in den Menschen ver­liert. Glücklicherweise lässt sich eine stress­freie Medikamentengabe in der Regel durch gutes Training lernen.“

Medikamente kön­nen Leben retten
Viele Medikamente wie Herz- oder Entwässerungstabletten sind für kran­ke Tiere über­le­bens­wich­tig und müs­sen regel­mä­ßig und kor­rekt ver­ab­reicht wer­den. Wichtig ist vor allem, dass die Arznei auch voll­stän­dig auf­ge­nom­men und nicht teil­wei­se aus­ge­spuckt oder sogar in die Luftröhre ver­schluckt wird. Aber auch ande­re Dauermedikamente wie Schmerzmittel oder Nahrungsergänzungen soll­ten für ihre best­mög­li­che Wirkung ziel­si­cher im Rachen der Tiere landen.

Die rich­ti­ge Vorbereitung
Grundsätzlich müs­sen sich Menschen bereits vor der Adoption eines Tieres bewusst machen, dass auch Vierbeiner krank wer­den kön­nen – mit­un­ter chro­nisch. Herzkranke Hunde, Katzen oder Kleintiere sind bei­spiels­wei­se dar­auf ange­wie­sen, von ihren Haltern täg­lich eine oder meh­re­re Tabletten ver­ab­reicht zu bekom­men. Manche Tiere erkran­ken bei­spiels­wei­se an Diabetes und müs­sen mehr­mals täg­lich den Blutzuckerwert bestimmt, sowie Insulin gespritzt bekommen.

Auch bei gesun­den Tieren emp­fiehlt es sich, behut­sam das Festhalten zu trai­nie­ren. Die Vierbeiner kön­nen so von vor­ne­her­ein ler­nen, dass beim kurz­zei­ti­gen Stillhalten nichts Schlimmes pas­siert. Das erleich­tert nicht nur die Verabreichung von Medikamenten, son­dern auch Besuche in der tier­ärzt­li­chen Praxis und die Körperpflege wie Krallenschneiden oder Augenreinigen.

In der Regel geben Tierärzte eine Einführung, wie ver­schrie­be­ne Medikamente zu ver­ab­rei­chen sind. Wer sich unsi­cher ist, kann den Vorgang unter Anleitung des tier­me­di­zi­ni­schen Fachpersonals üben.

Vor allem eini­ge Katzen, aber auch ein­zel­ne Hunde oder Kaninchen weh­ren sich, wenn sie fest­ge­hal­ten wer­den, hef­tig und kön­nen dabei sich und ande­re ver­let­zen. Glücklicherweise sind die­se Extremfälle sehr sel­ten und kön­nen in Zusammenarbeit mit einem Tierpsychologen eben­so auf eine erfolg­rei­che Medikamentengabe trai­niert wer­den. Wer bereits weiß, dass sein Tier emp­find­lich auf Tabletten reagiert, kann in der tier­ärzt­li­chen Praxis auch nach einer ande­ren Darreichungsform wie Tropfen fragen.

Gefahren
Für Mensch und Tier kann die Medikamentengabe enor­men Stress bedeu­ten. Viele Vierbeiner wer­den in Ecken getrie­ben oder gewalt­voll fest­ge­hal­ten. Gehen die Menschen ohne Behutsamkeit und Geduld vor, kann dies die Beziehung nach­hal­tig ver­schlech­tern. Die Tiere füh­len sich gezwun­gen und ver­lie­ren das Vertrauen in ihre Menschen.

Bei brachy­ce­pha­len Rassen, wie dem Mops, droht bei einer zu stress­vol­len Medikamentengabe sogar Lebensgefahr, da die kurz­na­si­gen Tiere in pani­schen Momenten ersti­cken kön­nen. Erstickungsgefahr droht auch, wenn die Tablette ver­se­hent­lich in die Luftröhre gelangt. Daher gilt bei allen Tieren beson­de­re Vorsicht, um die Arznei rich­tig zu verabreichen.

Außerdem soll­ten Halterinnen und Halter trotz schnel­ler Bewegungsabläufe unbe­dingt die rich­ti­ge Dosierung im Blick behal­ten. Denn bei eini­gen Medikamenten wie Insulin sor­gen schon klei­ne Abweichungen für erheb­li­che Komplikationen.

Die rich­ti­ge Vorgehensweise
Bei Katzen: Katzen las­sen sich am bes­ten behan­deln, indem sie vor­sich­tig in ein Handtuch gewi­ckelt wer­den. Hierfür nähert sich der Mensch dem Tier lang­sam mit einer ruhi­gen, sanf­ten Stimme und schlägt das Handtuch vor­sich­tig ein. Wichtig ist, dass der Kopf der Katze aus der Handtuchhöhle her­aus­schaut, da sie sonst in Panik gera­ten kann. Reagiert das Tier anfangs ängst­lich, soll­te der Vorgang abge­bro­chen und so lan­ge wie­der­holt und fort­ge­setzt wer­den, bis sich die Katze ein­wi­ckeln lässt. Mittels vega­ner Leckerchen kön­nen Tierhalter den Ablauf mög­li­cher­wei­se posi­tiv ver­stär­ken. Es emp­fiehlt sich zudem, zu zweit vor­zu­ge­hen, damit eine Person die Katze fixie­ren und die ande­re Person die Medikamente ver­ab­rei­chen kann. Hierfür soll­te der Hals der Katze leicht gestreckt und die Tablette in den Rachen gewor­fen wer­den. Anschließend ist es sinn­voll, den Mund des Tieres vor­sich­tig zuzu­hal­ten und über den Hals zu strei­cheln. Letzteres löst bei vie­len Tieren den Schluckreflex aus.

Hund - MedikamentBei Hunden: Die meis­ten Hunde las­sen sich glück­li­cher­wei­se gut durch posi­ti­ve Verstärkung trai­nie­ren: Sträubt sich das Tier bei der Eingabe von Tabletten, wird es nie­mals bestraft, dafür aber bei (Teil-)Erfolgen aus­gie­big gelobt – also posi­tiv bestärkt. Tabletten kön­nen bei­spiels­wei­se in vega­ne Leckereien gewi­ckelt und gege­ben wer­den. Manche Hunde mer­ken jedoch, wenn der Mensch „etwas mit ihnen vor­hat“. Die Vorahnung die­ser Vierbeiner kön­nen Tierhalter umge­hen, indem sie bei­spiels­wei­se beim Spazierengehen meh­re­re Leckereien ver­tei­len, wovon nur eines mit der Arznei befüllt ist. Können oder sol­len Tabletten nur pur ver­ab­reicht wer­den, kann der Hund eben­falls durch ein Handtuch oder aber durch Arme und Beine des Halters fest­ge­hal­ten wer­den. Das wei­te­re Vorgehen ist das glei­che wie bei Katzen: Die Tablette tief in den Rachen ein­füh­ren, den Mund danach vor­sich­tig geschlos­sen hal­ten und sanft über den Hals streicheln.

Bei Kleintieren: Für Kaninchen, Meerschweinchen und Co. gibt es Medikamente häu­fig auch in lös­li­cher Form, die dann über eine Spritze in den Mund des Tieres gege­ben wer­den kön­nen. Zuvor soll­ten die Tiere ähn­lich wie Katzen behut­sam in ein Handtuch gewi­ckelt wer­den. Dieses bie­tet nicht nur Schutz vor Bissen, Kratzern und zu fes­tem Drücken, son­dern gibt dem Tier auch Sicherheit.

Die Verabreichung von Spritzen: Viele Menschen schre­cken vor Spritzen zurück, doch auch die­se kön­nen für die Gesundheit des tie­ri­schen Begleiters unab­ding­bar sein. Die meis­ten Medikamente wer­den unter die Haut in der Flankenregion gespritzt. In jedem Fall muss das tier­ärzt­li­che Fachpersonal den Ablauf vor­weg erklä­ren und zeigen.

Zusatztipps

  • Medikamentenzeiten auf­schrei­ben, Medikamentenbox vor­be­rei­ten: Wie bei Menschen auch lohnt es sich, Eingabezeiten (morgens/mittags/abends) auf­zu­schrei­ben oder eine Medikamentenbox vor­zu­be­rei­ten, um den Überblick zu behalten.
  • Tabletten nicht ein­fach tei­len: Zerbrochene Teile kön­nen unter Umständen die Schleimhaut der Speiseröhre oder des Magens angrei­fen und schmerz­haf­te Reaktionen hervorrufen.
  • Hinweise zur Medikamenteneingabe auf dem Beipackzettel beach­ten: Auch bei Tieren müs­sen man­che Medikamente nüch­tern ver­ab­reicht wer­den, wäh­rend ande­re erst mit etwas Nahrung im Magen auf­ge­nom­men wer­den kön­nen. Falsch gege­be­ne Tabletten kön­nen den Magen rei­zen oder an Wirkung einbüßen.
  • Tabletteneingeber nut­zen: Im Fachhandel erhält­li­che Tabletteneingeber für Tiere kön­nen hel­fen, die eige­nen Hände zu schüt­zen. Die meis­ten Tiere emp­fin­den sie aber als bedroh­lich. Für vie­le Menschen sind Tabletteneingeber außer­dem unhandlich.
  • Augensalbentuben/Ohrentropfen immer nur für das zu behan­deln­de Auge oder Ohr ver­wen­den: Es kann sonst pas­sie­ren, dass sich die Infektion auf das ande­re Ohr oder Auge überträgt.
  • Geöffnete Augen- und Ohrentropfen nach Behandlung ent­sor­gen: Denn auch die­se kön­nen keim­be­las­tet sein und Infektionen auf gesun­de Tiere übertragen.
  • Verfallsdatum beach­ten: Jedes Medikament hat ein Verfallsdatum. Ist das Arzneimittel abge­lau­fen, ist eine gerin­ge­re Wirkung mög­lich – die­se kann sich nega­tiv auf den Gesundheitszustand oder den Erfolg der Behandlung auswirken.

PETA wünscht allen Tierhaltern viel Erfolg bei der Umsetzung!